Ich arbeite noch mit einem Terminkalender aus Papier, in den ich mit Bleistift meine Termine eintrage.
Heute Morgen sitze ich an meinem Schreibtisch und radiere viele der geplanten Veranstaltungen in den nächsten Wochen wieder aus. Auch das Treffen mit meiner Familie an Ostern. Diese Tätigkeit, das Ausradieren schmerzt und tut richtig weh. Normalerweise freue ich mich über leere Spalten im Terminkalender, über freie Zeit. Nun spüre ich eine bleierne Erschöpfung und Traurigkeit. Wie viel Arbeit, Vorfreude und Erwartungen stecken in allen Vorbereitungen! Hoffnung auf bereichernde Begegnungen, Lebensfreude, Inspiration. Wieder nichts, wieder alles abgesagt oder verschoben… So wie mir geht es vielen, die für die kommende Zeit alles Geplante stornieren müssen.
Auch sie radieren aus, ein Stück ihres Lebens, Hoffnung und Zuversicht. Hinzu kommen noch die existentiellen Sorgen.
Im Internet kursiert seit ein paar Tagen das neu kreierte Wort „mütend“, zusammengesetzt aus müde und wütend. Dies beschreibt exakt meine Gefühlslage. Ich bin mütend. Vielleicht empfinden Sie, empfindet ihr genauso?
In den Psalmen, dem Gebetbuch der Bibel sprechen Menschen vor Gott alles aus, was sie bewegt, nicht nur Freude und Dankbarkeit, sondern auch ihren Ärger, ihre Wut und Klagen. Es wird kein Blatt vor den Mund genommen. Die Psalmen ermutigen mich, bei Gott über die momentane Situation zu klagen, das ist erlaubt!
Im Psalm 42 drücken die Beter ihre innere Unruhe, ihre Traurigkeit aus, folgendes Zitat kommt sogar zwei Mal im Psalm vor, hat also ein großes Gewicht:
V. 6 und 12 Warum nur bin ich so traurig? Warum ist mein Herz so schwer? Auf Gott will ich hoffen, denn ich weiß: Ich werde ihm wieder danken. Er ist mein Gott, er wird mir beistehen!
Das Gefühl der Traurigkeit, Niedergeschlagenheit und Mutlosigkeit darf sein, es muss nicht weggedrückt werden. Aber im zweiten Teil des Wortes erinnern sich die Beter daran, dass es Gott gut mit ihnen meint. Aus vergangenen Erfahrungen heraus wissen sie, dass Gott ihnen beistehen und helfen wird. Dass am Ende nicht der Frust, sondern die Dankbarkeit steht
Gestern habe ich folgenden Text von Detlev Block entdeckt, der diese Gedanken noch vertieft: Du gabst mir Trost, hast wunderbar mir Kräfte zugeteilt, und was in mir zerbrochen war, getragen und geheilt.
Ich wünsche uns allen, dass uns in der Müdigkeit, Traurigkeit und Wut, im „mütend“ – Sein, die Erinnerung an Gottes Wirken und Handeln und ein Funke Dankbarkeit geschenkt wird.